· 

Berufskrankheit oder arbeitsbedingte Erkrankung?

Typische Berufskrankheiten und ihre Anerkennung

Autor: Ann-Katrin Grass

Saarbrücken (10.04.2022) - Berufskrankheit oder arbeitsbedingte Erkrankung? Wer durch die Arbeit krank wird, ist in Deutschland gut abgesichert – oder? Was wird als Berufskrankheit anerkannt? Was ist eine arbeitsbedingte Erkrankung? Und welche Belastungen existieren für bestimmte Berufe?

 
 

Welche Berufskrankheiten gibt es?

Bei einer Berufskrankheit handelt es sich um eine Erkrankung oder gesundheitliche Einschränkung, die durch die berufliche Tätigkeit verursacht wurde und in der Liste der Berufskrankheiten auftaucht [4]. Das heißt, es wird nicht automatisch jede Erkrankung, die mit der Arbeit zusammenhängt, auch als Berufskrankheit anerkannt. Die Liste umfasst aktuell 82 verschiedene Positionen. Bei Verdacht auf eine Berufskrankheit, die nicht in dieser Liste aufgeführt ist, gibt es die Möglichkeit zur Einzelfall-Prüfung.

 

Dafür werden jedoch wissenschaftliche Erkenntnisse gefordert, die für Privatpersonen oft nur schwer nachweisbar sind. Ein Zusammenhang mit der eigenen Berufsausübung ist somit nicht ausreichend, um sich eine Berufskrankheit anerkennen zu lassen [4]. Wenn am Arbeitsplatz der Verdacht aufkommt, dass eine Person eine Berufskrankheit erlitten hat, ist dies meldepflichtig. Der Arbeitgeber muss seinen Verdacht an die zuständige Berufsgenossenschaft melden.

 

Was ist eine typische Berufskrankheit?

Im Jahr 2020 wurden 37.181 Berufskrankheiten anerkannt [3]. Die Liste über Berufskrankheiten umfasst Erkrankungen, „die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind und denen bestimmte Personengruppen durch ihre Arbeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind“ [4]. Dazu gehören [6]:

 
  • Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten,
  • Durch physikalische Einwirkungen verursachte Krankheiten,
  • Durch Infektionserreger oder Parasiten verursachte Krankheiten sowie Tropenkrankheiten,
  • Erkrankungen der Atemwege und der Lungen, des Rippenfells und Bauchfells und der Eierstöcke,
  • Hautkrankheiten sowie
  • Krankheiten sonstiger Ursache (z.B. Augenzittern bei Bergleuten
 

Die Berufskrankheiten können entweder nach einem Arbeitsunfall eintreten oder durch langjährige berufsbedingte Belastungen entstehen. Es gibt auch Erkrankungen, die mit der Arbeit assoziiert sind, aber nicht originär als Berufskrankheit anerkannt werden. Man nennt diese arbeitsbedingte Erkrankungen [1]. Hier besteht in der Regel kein Anspruch auf eine (finanzielle) Entschädigung. Beispielsweise sind Muskel-Skelett-Erkrankungen wie Bandscheibenvorfälle häufig ein Streitthema. In der Regel kommt es auf den ausgeübten Beruf an, ob eine Berufskrankheit anerkannt wird – und nicht nur allein die Belastung am Arbeitsplatz.

 

Beispiele für häufige Berufskrankheiten

Eine bekannte Berufskrankheit ist das Auftreten von Lungenkrebs durch das Zusammenwirken von Asbestfaserstaub und polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen [4], wobei auch hier nachgewiesen werden muss, dass der Beruf diese Krankheit verursacht hat. Ähnlich verhält es sich mit der Asbestose, einer schweren Lungenerkrankung, die durch das Einatmen von Asbest entsteht. Häufig sind aber auch gesundheitliche Schädigungen wie Lärmschwerhörigkeit, wenn man oft und lange an lauten Maschinen gearbeitet hat.

 

Berufskrankheiten im Einzelhandel

Im Einzelhandel kommt es relativ häufig zu Unfällen, dessen Folgen als Berufskrankheit eingeordnet werden können. Gerade die Belastung durch Lärm kann schwerwiegende gesundheitliche Einschränkungen nach sich ziehen. Außerdem sind manche Beschäftigte durch schweres Heben und Tragen Belastungen des Muskel-Skelett-Systems ausgesetzt. Sprich. Es kommt zu Verspannungen, Rückenschmerzen oder Bandscheibenvorfällen. Diese werden aber nicht zwingend als Berufskrankheit anerkannt.

 

Berufskrankheiten in der Pflege

Pflegefachkräfte sind besonders gefährdet, wenn es um Infektionskrankheiten geht. Das können beispielsweise Infektionen mit Hepatitis oder Tuberkulose sein. Der Kontakt mit Körperausscheidungen oder Blut birgt besondere Gefahren. Infektionskrankheiten, die am Arbeitsplatz erworben wurden, gehören zu den häufigsten Berufskrankheiten.

 

Berufskrankheiten als Erzieherin oder Erzieher

Auch Erzieherinnen und Erzieher sind gefährdet, wenn es um eine Infektion geht. Außerdem sind die Mitarbeiter*innen von Kindertageseinrichtungen oft auch starken Lärmbelastungen ausgesetzt. Ob eine lärmbedingte Berufskrankheit allerdings auch anerkannt wird, steht auf einem anderen Blatt – hier besteht noch ein großer Forschungsbedarf [5].

 

Eine Berufskrankheit anerkennen lassen

Für Betroffene ist eine arbeitsbedingte Erkrankung genauso belastend wie eine Berufskrankheit. Während bei der Berufskrankheit Ansprüche wie eine Entschädigung oder eine Rente geltend gemacht werden können, ist dies bei arbeitsbedingten Erkrankungen in der Regel nicht der Fall. Ob das fair ist, ist eine wichtige gesundheitspolitische Frage. Betroffene sollten sich zunächst an ihren Betriebsarzt (m/w/d) wenden, um die Symptome abzuklären und sich beraten zu lassen [2]. Sollte sich der Verdacht erhärten, dass es sich um eine Berufskrankheit handelt, wird eine Verdachtsmeldung an die zuständige Berufsgenossenschaft geschickt.

 

Es ist aber auch möglich, sich selbst direkt an die eigene Berufsgenossenschaft zu wenden. Dazu bedarf es keiner bestimmten Form. Sobald die Meldung bei der BG eingegangen ist, wird diese zum Betroffenen Kontakt aufnehmen, um das weitere Vorgehen zu besprechen. Im Jahr 2020 wurden über 101.000 Verfahren eröffnet, wovon in etwa 5000 Fällen eine Rente gewährt wurde. In über 15.700 Fällen wurde zwar bestätigt, dass eine Erkrankung mit der Arbeit zusammenhängt – jedoch waren die besonderen „versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Anerkennung als Berufskrankheit im juristischen Sinne“ nicht erfüllt [3].


Autor

Ann-Katrin Graß

M.A. Prävention & Gesundheitsmanagement

 

Ann-Katrin "Anka" Graß arbeitet seit 2012 in der Gesundheits- und Sozialbranche. Ihre Themen sind Bewerbungstraining, Coaching und Bildungsberatung. Sie arbeitet mit Fach- und Führungskräften, die am Anfang ihrer Karriere stehen und sich beruflich entwickeln möchten. Sie beantwortet gerne Fragen der Personalentwicklung mit Bezug zu Industrie, Technik und Handwerk.

 Direkt zur Terminvereinbarung mit Anka

anka@job-designer.de

www.annkatringrass.de


Bildnachweis

Vorschaubild: Photo by Joyce McCown on Unsplash

Titelbild: Photo by Towfiqu barbhuiya on Unsplash


Quellen

 

1.      Bayerische Gewerbeaufsicht (2022) Berufskrankheiten. https://www.gewerbeaufsicht.bayern.de/arbeitsmedizin/berufskrankheiten/index.htm?include_matomo=true. Zugriff am 10.4.2022

 

2.      BG ETEM (2021) Wer hilft bei Verdacht auf eine Berufskrankheit? https://www.bgetem.de/unfall-berufskrankheit/wer-hilft-bei-dem-verdacht-auf-berufskrankheit. Zugriff am 10.4.2022

 

3.      Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e.V. (2021) DGUV: Zahlen und Fakten - BK-Geschehen. https://www.dguv.de/de/zahlen-fakten/bk-geschehen/index.jsp. Zugriff am 10.4.2022

 

4.      Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e.V. (2022) Berufskrankheiten. https://www.dguv.de/de/versicherung/berufskrankheiten/index.jsp. Zugriff am 10.4.2022

 

5.      Erdmeier D, Koch P (2022) Arbeitsbedingungen von Erzieher*innen. https://gesundheit-soziales.verdi.de/themen/berufsgenossenschaft/++co++37302876-302f-11e9-a02e-525400b665de

 

6.      Wendt A (2021) Liste der Berufskrankheiten. Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin. https://www.baua.de/DE/Angebote/Publikationen/Praxis-kompakt/F3.pdf?__blob=publicationFile

 


Gender-Hinweis

Wir versuchen, uns immer so geschickt wie möglich auszudrücken. Manchmal ist das aber gar nicht so einfach. Daher kann es vorkommen, dass an einigen Stellen bei Personenbezeichnungen und personenbezogenen Hauptwörtern ausschließlich die männliche Form verwendet wird. Die Begriffe gelten grundsätzlich für alle Geschlechter, wenn es der Inhalt nicht anders vermuten lässt. Die verkürzte Sprachform stellt also keine Wertung dar, sondern hat redaktionelle Gründe.

Be proud at work!


Kommentar schreiben

Kommentare: 0