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Ausbildung oder Umschulung ü30

Lohnt es sich noch?

Autor: Ann-Katrin Grass

Saarbrücken (29.03.2022) - Eine Ausbildung ist nur was für junge Leute – oder? Tatsächlich steigt Durchschnittsalter deutscher Azubis seit Jahrzehnten stetig an. Außerdem kann eine Ausbildung oder Umschulung mit 30 oder 40 Jahren immer noch einen guten Einstieg in ein neues Berufsleben bieten. In unserem Artikel lesen Sie Wissenswertes rund um die Ausbildung ü30 wie zum Beispiel Gründe für eine Umschulung, Finanzierungsmöglichkeiten und konkrete Vorschläge für die Berufswahl.

 

Ausbildung über 30 oder 40 – lohnt es sich noch?

Auch mit über 30 Jahren ist eine Ausbildung immer noch lohnend. Es ist zwar normalerweise so, dass junge Menschen zwischen etwa 16 und 19 Jahren eine Ausbildung beginnen – jedoch werden ältere Azubis von Arbeitgebern häufig bevorzugt! Denn ältere Lehrlinge sind reifer als jüngere. Sie haben Lebenserfahrung und wissen, wie man mit Problemen umgeht. Sie haben häufig auch bessere Kommunikationsfähigkeiten. Daher werden sie von vielen Arbeitgebern gerne genommen.

 

Auch mit 30, 40 oder 50 Jahren liegen noch mehrere Jahrzehnte Berufsleben vor Ihnen. Aktuell liegt das Renteneintrittsalter bei 67 Jahren, wenn Sie ab Jahrgang 1964 geboren wurden [5]. Es ist davon auszugehen, dass das Renteneintrittsalter weiter steigen wird, um demografische Entwicklungen auszugleichen. Demnach wird Arbeitnehmenden wesentlich mehr Flexibilität abverlangt und es gilt, immer veränderungsbereit zu bleiben.

 

Bin ich zu alt für eine Ausbildung?

In den letzten zwanzig Jahren stieg das Durchschnittsalter der Lehrlinge in Deutschland nahezu kontinuierlich an [6]. Immerhin gab es im Jahr mehr als 1600 Auszubildende, die 40 Jahre und älter waren. Zwar macht diese Zahl nur 0,3% des Jahrgangs aus, zeigt aber, dass eine Ausbildung (oder Umschulung) auch etwas für „Ältere“ ist. Es gibt im Falle der dualen Berufsausbildung nur selten gravierende Unterschiede zwischen „Jungen“ und „Alten“. Lediglich die Berufsschulpflicht entfällt meistens. Wer die Berufsschule dennoch besuchen möchte, kann dafür einen Antrag stellen. Die Berufsschule ist länderrechtlich geregelt, in manchen Bundesländern hat man auch nach Ende der Schulpflicht ein Recht auf den Berufsschulbesuch, wenn man dies möchte.

 

Wenn es um die duale Berufsausbildung geht, spielt das Alter hinsichtlich der Erlaubnis der Berufsausübung in der Regel keine Rolle. Die Arbeitgeber entscheiden, wen sie einstellen und ausbilden möchten. Hier haben ältere Anwärter – wie bereits weiter oben beschrieben – meistens sogar bessere Chancen als jüngere. Für manche Berufe kann es eine Altershöchstgrenze geben. Das ist beispielsweise der Fall, wenn man eine Laufbahn als verbeamtete Person anstrebt. Studium, Fachlehrerausbildung und Referendariat lassen sich im weiteren Sinne der Ausbildung zuordnen. In manchen Bundesländern kann man über 45 Jahre zum Beispiel keine verbeamtete Lehrkraft mehr werden.

 

Umschulung oder Ausbildung? Was sind die Unterschiede?

Wenn manche von einer Ausbildung über 30 oder 40 sprechen, ist damit auch häufig die Möglichkeit zur Umschulung gemeint. Dabei muss man zunächst betrachten, welche Ausbildungsarten es gibt. Wenn Sie bereits eine betriebliche (duale) Ausbildung abgeschlossen haben, kann nämlich auch eine Umschulung für Sie in Betracht kommen, die meist weniger Zeit kostet und somit für viele attraktiver ist. Denn jede (duale) Berufsausbildung kommt mit einer Regelausbildungszeit daher, die zwischen 2 und 3,5 Jahren liegt. Dabei gibt es verschiedene Möglichkeiten zum Verkürzen und Verlängern der Ausbildung.

 

Mit Vorkenntnissen, einer erfolgreich abgeschlossenen Erstausbildung oder Schulbildung lässt sich die Ausbildung oft verkürzen. Dafür ist ein Antrag bei der zuständigen Stelle für die Berufsausbildung notwendig, dem der Ausbildende zustimmen muss. Die zuständige Stelle ist in der Regel die jeweilige Kammer (Industrie- und Handelskammer, Handwerkskammer, Landwirtschaftskammer usw.), die auch den Ablauf der Berufsausbildung überwacht und bei Fragen beratend zur Seite steht.

 

Eine Umschulung kann aber auch absolviert werden, wenn kein Berufsabschluss vorhanden ist. Diese Art der Ausbildung richtet sich häufig an Ältere. Hier gibt es auch besondere Angebote der überbetrieblichen Weiterbildung und Umschulung. Statt eines Ausbildungsbetriebs werden praktische Ausbildungsinhalte dann in einer Lehrwerkstatt oder anderen Bildungseinrichtung absolviert. Man kann also eine betriebliche Umschulung, eine schulische Umschulung oder eine Umschulung bei einem Bildungsträger machen.

 

Welche Gründe gibt es für eine Ausbildung über 30 oder 40?

Der Gedanke, eine Ausbildung oder Umschulung im „höheren“ Alter machen zu wollen, hängt häufig mit beruflicher Unzufriedenheit zusammen. Es kommt aber auch vor, dass man eine längere berufliche Pause eingelegt hat - beispielsweise aufgrund von Betreuungs- oder Pflegeaufgaben in der Familie. Nach einigen Jahren kann dann der berufliche Wiedereinstieg wesentlich erschwert sein, da man wie eine ungelernte Arbeitskraft wahrgenommen wird. Gründe für eine Ausbildung mit 30 oder älter sind:

 

  • Berufliche Neuorientierung
  • Abbruch eines Studiums
  • Veränderung von Rahmenbedingungen (z.B. Umzug)
  • Persönliche Herausforderungen oder Krisen (z.B. nach einem Burnout)
  • Veränderung der beruflichen Situation am Arbeitsmarkt

 

Der Arbeitsmarkt ist in kontinuierlichem Wandel. So kann es sein, dass man vor 15 Jahren einen Beruf erlernt hat, der mittlerweile nicht mehr „gebraucht“ wird oder nur noch unsichere Berufsperspektiven bietet. Außerdem gibt es noch die Menschen, die lange gearbeitet haben, ohne eine reguläre Berufsausbildung zu durchlaufen, und sich mit Fortschreiten der Erwerbstätigkeit eine bessere Argumentationsgrundlage für Gehaltserhöhungen oder Arbeitgeberwechsel wünschen. Auch gesundheitliche Gründe zum Erhalt der Arbeitskraft über die gesamte Lebensspanne können eine Rolle spielen.

 

Welche Fördermöglichkeiten für eine Ausbildung ü30 gibt es?

Während einer Ausbildung ist Geld ein wichtiges Thema. Die meisten Auszubildenden erhalten lediglich eine relativ geringe Ausbildungsvergütung, mit der sich häufig keine Familie ernähren lässt. Im Falle von schulischen Bildungsmaßnahmen kann es sogar sein, dass man noch Geld bezahlen muss.

 

Berufsausbildungsbeihilfe (BAB)

Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) kann gezahlt werden, wenn Sie eine betriebliche oder außerbetriebliche Berufsausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf absolvieren und über 18 Jahre alt sind [1]. Wurde vorher bereits eine Ausbildung oder ein Studium abgeschlossen, gibt es den Zuschuss nur unter sehr strengen Bedingungen. Dies ist mit der zuständigen Beratungsfachkraft abzuklären, die an der Agentur für Arbeit oder im Jobcenter zu finden ist. Wer eine schulische Ausbildung (z.B. Physiotherapie, Ergotherapie) machen möchte, kann sich nicht mit BAB fördern lassen.

 

Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG)

Wer Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz – kurz BAföG – erhalten möchte, sollte beim zuständigen Amt nachfragen. BAföG gibt es in verschiedenen Formen für Schüler*innen und Studierende, zudem existiert das Aufstiegs-BAföG (z.B. beim Besuch der Meisterschule). BAföG steht somit nicht für die „normale“ (duale) Berufsausbildung zur Verfügung, jedoch für schulische Ausbildungswege. Wer bereits eine abgeschlossene Berufsausbildung vorweisen kann, bekommt in der Regel auch mehr BAföG [3]. Die genauen Voraussetzungen und Förderhöhen sind vom Bildungsweg abhängig.

 

Förderung von Weiterbildung mit einem Bildungsgutschein

Der Bildungsgutschein der zuständigen Agentur für Arbeit oder des Jobcenters richtet sich in erster Linie an Personen, die von Arbeitslosigkeit bedroht sind oder bereits arbeitslos geworden sind [2]. Hiermit kann zum Beispiel eine „überbetriebliche Umschulung“ (Umschulung bei einem Bildungsträger) finanziert werden. Während des Förderungszeitraums wird weiter Arbeitslosengeld gezahlt, insofern der Anspruch und die Voraussetzungen gegeben sind. Bildungsgutscheine können aber auch an Beschäftigte herausgegeben werden, wenn die Bildungseinrichtung über eine entsprechende Zulassung verfügt.

 

Weiterbildungsprämie

Die Weiterbildungsprämie ist keine direkte Förderung zur Sicherung des Lebensunterhalts. Sie kann aber einen finanziellen Anreiz bieten. So wird eine Prämie von 1000 Euro gezahlt, wenn die Zwischenprüfung bei einer Kammer im Rahmen einer Umschulung erfolgreich bestanden wird [2]. Dafür ist ein entsprechender Nachweis bei der Agentur für Arbeit oder dem Jobcenter zu erbringen.

 

Förderung der Umschulung im Rahmen der Beruflichen Rehabilitation

Wer aufgrund gesundheitlicher Probleme seinen ursprünglichen Job nicht mehr ausüben kann oder einen Arbeitsunfall hatte, sollte unbedingt prüfen, oder er/sie Anspruch auf eine Förderung durch die Deutsche Rentenversicherung oder die zuständige Berufsgenossenschaft hat. Damit soll die Wiedereingliederung ins Berufsleben gelingen [4]. Hier ist es möglich, ein Übergangsgeld zu erhalten. Diese Möglichkeit steht – insofern die Voraussetzungen gegeben sind – allen Umschülern offen, unabhängig davon, ob sie eine betriebliche oder schulische Ausbildung bzw. Umschulung machen möchten.

 

Welche Ausbildung mit über 40?

Wer mit über 30 oder 40 noch eine neue Ausbildung machen möchte, steht noch einmal vor derselben Entscheidung, die alle Berufsanfänger treffen müssen: Welche Ausbildung soll ich anfangen? Dabei spielen ab einem gewissen Alter bestimmte Aspekte eine größere Rolle als in jüngeren Jahren. Das können familiäre Verpflichtungen, der Wunsch nach einer besseren Work-Life-Balance oder ein Job sein, der sich mit gesundheitlichen Anforderungen verträgt. Grundsätzlich stehen einem dieselben Ausbildungsberufe zur Verfügung wie den jüngeren. Allerdings will man es wahrscheinlich vermeiden, einen Fehlgriff zu machen.

 

Stellen Sie sich also selbst einige kritische Fragen, um Ihren neuen Traumjob näher zu kommen. Haben Sie auch keine Scheu davor, einige dieser Fragen direkt Ihrem neuen Chef im Vorstellungsgespräch zu stellen. Themen wie Verdienstaussichten und berufliche Entwicklungsmöglichkeiten sind wichtig, um auch in Zukunft mit der Berufswahl zufrieden sein zu können.

 

Daneben interessiert es Sie vielleicht, in welchen Bereichen und Branchen ein großer Fachkräftemangel herrscht. Schließlich qualifiziert man sich im Sinne des „lebenslangen Lernens“, um eine gute Position auf dem Jobmarkt zu ergattern. Zudem sind viele Förderungsmaßnahmen (insbesondere vonseiten der Arbeitsagentur) daran geknüpft, ob es auch einen entsprechenden Bedarf am Arbeitsmarkt gibt. Nachfolgend haben wir ein paar Berufe für Sie recherchiert, nach denen zurzeit große Nachfrage herrscht:

 

  • Berufskraftfahrer/in (im Personenverkehr und im Güterverkehr)
  • Fachinformatiker/in (z.B. Fachrichtung Systemintegration)
  • Alle Arten von Pflegeberufen (mittlerweile auch als generalistische Ausbildung Pflegefachmann/Pflegefachfrau)
  • Handwerkliche Berufe wie Maurer/in, Zimmerleute oder Fliesenleger/in
  • Technische Berufe wie Zerspanungsmechaniker/in, Konstruktionsmechaniker/in oder Industriemechaniker/in
  • Alle Arten von Berufen der Elektrotechnik (z.B. Elektroniker/in)
  • Kreative Berufe wie Mediengestalter/in (insbesondere mit Kenntnissen im Webdesign)

 

Diese Berufe sollen Ihnen an dieser Stelle einen ersten Ansatz zur Recherche und weiteren Inspiration bieten. Wenn Sie sich persönliche Beratung wünschen, können Sie gerne jederzeit einen Online-Termin mit uns vereinbaren. Dazu gehört auch ein eingehendes Profiling mit der Feststellung von Neigungen und Interessen. Zudem erhalten Sie von uns Informationen über den Arbeitsmarkt in Ihrer Region.


Autor

Ann-Katrin Graß

M.A. Prävention & Gesundheitsmanagement

 

Ann-Katrin "Anka" Graß arbeitet seit 2012 in der Gesundheits- und Sozialbranche. Ihre Themen sind Bewerbungstraining, Coaching und Bildungsberatung. Sie arbeitet mit Fach- und Führungskräften, die am Anfang ihrer Karriere stehen und sich beruflich entwickeln möchten. Sie beantwortet gerne Fragen der Personalentwicklung mit Bezug zu Industrie, Technik und Handwerk.

 Direkt zur Terminvereinbarung mit Anka

anka@job-designer.de

www.annkatringrass.de


Bildnachweis

Vorschaubild: Photo by bruce mars on Unsplash

Titelbild: Photo by Ben White on Unsplash


Quellen

  1. Bundesagentur für Arbeit (2022) Berufsausbildungsbeihilfe (BAB). https://www.arbeitsagentur.de/bildung/ausbildung/berufsausbildungsbeihilfe-bab. Zugriff am 29.3.2022
  2. Bundesagentur für Arbeit (2022) Förderung beruflicher Weiterbildung oder Umschulung. https://www.arbeitsagentur.de/karriere-und-weiterbildung/foerderung-berufliche-weiterbildung. Zugriff am 29.3.2022
  3. Bundesministerium für Bildung und Forschung (2022) BAföG für Schülerinnen und Schüler. https://www.xn--bafg-7qa.de/bafoeg/de/das-bafoeg-alle-infos-auf-einen-blick/_documents/bafoeg-fuer-schuelerinnen-und-schueler.html. Zugriff am 29.3.2022
  4. Deutsche Rentenversicherung (2022) Berufliche Rehabilitation. https://www.deutsche-rentenversicherung.de/DRV/DE/Reha/Berufliche-Reha/berufliche-reha.html. Zugriff am 29.3.2022
  5. Deutsche Rentenversicherung (2022) Der Rentenbeginn hängt von der genauen Art der Altersrente ab - Wann kann ich in Rente gehen? https://www.deutsche-rentenversicherung.de/DRV/DE/Rente/Kurz-vor-der-Rente/Wann-kann-ich-in-Rente-gehen/Wann-kann-ich-in-Rente-gehen_detailseite.html. Zugriff am 29.3.2022
  6. Uhly A (2021) Datenreport. https://www.bibb.de/datenreport/de/2019/101256.php. Zugriff am 29.3.2022

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